
Chart Industries und Flowserve fusionieren – neue Marktchancen im Clean Energy Sektor (Foto: Freepik)
Chart Industries hat sich vom reinen Industriegas-Spezialisten zu einem breit diversifizierten Anbieter im Bereich sauberer Energietechnologien entwickelt. Die Übernahme von Howden und der geplante Merger mit Flowserve stellen strategische Meilensteine dar. Der Aktienkurs zeigte zuletzt ein misstrauisches Bild, obwohl die Marktposition und die Stabilität erheblich gestärkt werden.
Vom Industriegas-Spezialisten zur sauberen Energietechnologie
Das US-Unternehmen Chart Industries, Inc. ist aus der Ausgründung von General Dynamics im Jahr 1992 entstanden. Der Börsengang erfolgte 2 Jahre später. Die Kernkompetenz lag ursprünglich in der Herstellung von kryogenen Anlagen und Ausrüstung zur Speicherung, Verflüssigung, Verteilung und Verdampfung industrieller Gase. Die Anwendungsfelder umfassten Flüssigerdgas (LNG), medizinische Gase, industrielle Gase wie etwa Sauerstoff und Stickstoff, aber auch Luftzerlegungsanlagen. Damit war Chart Industries deutlich von Öl- und Gasunternehmen abhängig.
Mit gezielten Akquisitionen hat sich Chart von einem LNG- und Industriegas-Spezialisten zu einem global diversifizierten Anbieter von Molekül-Handling-Technologie transformiert. Wichtige Übernahmen im Bereich der medizinischen Gase und Sauerstoffsysteme, in der Wasseraufbereitung und Kohlenstoffdioxid-Technologie sowie im Bereich der Kompressoren und Wasserstoff erweiterten Chart in Richtung Wasserwirtschaft, Biogas und saubere Energie sowie industrielle Kohlenstoffdioxid- und Sauerstoffsysteme. Zum Lieferpaket zählen Wärmetauscher, Lagertanks, Ventile, Kompressoren und Verflüssigungsmodule.
Somit konnte sich Chart Industries über die Jahre durch Zukäufe deutlich diversifizieren. Die Zyklizität und Abhängigkeit vom Öl- und Gassektor konnte durch einen Aftermarket-Anteil von heute 33 Prozent (Reparatur, Service, Leasing) und Diversifikation über Sektoren hinweg deutlich reduziert werden. Eine Margenverbesserung gemessen am EBITDA (operatives Ergebnis) von 13,1 Prozent auf nun 25,3 Prozent war ebenfalls die Folge.
Strategische Leitplanke: One-Stop-Shop
2023 wurde durch die Übernahme von Howden, einem weltweit tätigen Anbieter von Gas-Handling- und Luftstromtechnologien, das Portfolio erneut signifikant erweitert. Der Deal war umstritten, da er die Schulden des Unternehmens entsprechend belastete. Doch der Schuldenabbau verläuft wie geplant.
Die erste Jahreshälfte 2025 ist durch bestehende Aufträge abgesichert, und auch für Anfang 2026 füllen sich die Produktionskapazitäten bereits. Die Akquisition führte zu neuen Kernkompetenzen: Howden erweiterte das Portfolio um Wärmetauscher und Prozessluftlösungen, Kompressoren, Gebläse, Ventilatoren sowie Dekarbonisierungslösungen. Dadurch wurde Chart Industries zu einem kompletten Anbieter im Bereich der Molekülverarbeitung.
Doch es ist eine Marketingoffensive bei Chart Industries notwendig
Viele der Produkte von Chart Industries werden vom Management als „molekülagnostisch“ bezeichnet. Damit ist gemeint, dass sie branchenübergreifend einsetzbar sind, da sie für eine Vielzahl von Gasen wie LNG, Sauerstoff, Helium, Wasserstoff, Kohlendioxid oder Biogas geeignet sind. Statt ständig neue Produkte zu entwickeln, verfolgt das Unternehmen die Strategie, bestehende Technologien in neue Anwendungsfelder und Branchen zu übertragen.
Das Management sieht dabei noch deutliches Wachstumspotenzial im Bereich Marketing und Neukundengewinnung. Vielen potenziellen Kunden aus den Bereichen Industrie, Medizintechnik und Umwelttechnologie sei noch nicht bewusst, dass sie von der molekülunabhängigen Plattform des Unternehmens profitieren könnten.

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Merger mit Flowserve als strategischer Wendepunkt
Die Howden-Akquisition hat den strategischen Grundstein für den Merger zwischen Chart Industries und Flowserve geschaffen. Beide Unternehmen weisen eine ähnliche Marktkapitalisierung von etwas über 6 Milliarden US-Dollar auf. CEO Jill Evanko wird die Rolle der Chairwoman einnehmen und den CEO-Posten an den aktuellen CEO von Flowserve übertragen.
Dieser Merger ist der finale Schliff für eine Stabilisierung der Umsätze durch Diversifikation und eine Verstärkung der Cross-Selling-Potenziale. Der Aftermarket-Anteil soll im Zuge dessen auf 42 Prozent ansteigen. Flowserve sorgt für den sicheren und effizienten Transport und die Regelung von Flüssigkeiten, während Chart Industries sich auf Speicherung, Verflüssigung und Gasverarbeitung spezialisiert.
Die beiden Unternehmen sehen einen deutlichen Wachstumshebel aufgrund der kombinierten Verkaufschancen. Der „One-Stop-Shop“ erhält damit eine neue Definition. Besonders profitieren wird das Cross-Selling im Clean Energy Bereich (LNG, Wasserstoff). Das klassische Integrationsrisiko wird mit dem dezentralen Produktionsmodell reduziert. Es soll lediglich die Vertriebsorganisation aufgrund des Cross-Sellings ineinander verschmolzen werden.
Chancen und Risiken im Schatten des Mergers
Für potenzielle Investoren bieten sich aktuell Chancen sowohl bei Flowserve als auch Chart Industries. Tatsächlich könnte ein Investment in Flowserve, das bisher schwächer performt hat, von einer Aufwertung durch den bevorstehenden Merger profitieren. Für eine fundierte Bewertung sollte jedoch Chart Industries als Benchmark herangezogen werden, da das Unternehmen strategisch besser geführt wurde.
Hier liegt das erste Risiko: Der neue CEO stammt von Flowserve. Die Kapitalrenditen waren über die letzten Jahre bei beiden Unternehmen wenig wertschaffend. Flowserve’s Umsätze zeigen wenig Wachstum. Bei Chart Industries belastet der hohe Goodwill durch die teure Howden-Übernahme. Der Post-Merger wird eine weitere Belastungsprobe für die Kapitalrendite darstellen.
Beide weisen aktuell jedoch eine günstige Bewertung auf (Chart Industries mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 12, Flowserve mit einem KGV von 14). Die Bruttomarge liegt bei beiden über 30 Prozent. Die Synergien sollten daher künftig zu einem deutlichen Gewinnwachstum führen, während die Bewertung bereits niedrig ist. Für Value-Investoren bietet sich hier eine mögliche Chance, während Qualitätsinvestoren erst einmal an der Seitenlinie die Entwicklung der Kapitalrenditen und des Cashflows beobachten können.
Disclaimer:
Keine Anlageberatung. Kein Aufruf zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
Über den Autor

Sophia studierte Betriebswirtschaft und absolvierte ein Auslandssemester an der Singapore Management University. Schon als kleines Kind hatte sie ihre Finanzen fest im Griff und sparte den Großteil ihres Taschengeldes. Auch sie vertraute lange den gängigen Anlageprodukten (Sparbuch, Bausparer, Lebensversicherung). Heute nimmt sie ihre Finanzen selbst in die Hand. Sie recherchiert täglich über Unternehmen und konzentriert sich auf Qualität, ergänzt durch ausgewählte Smallcaps und Wachstumswerte. Ihr Ziel ist es, den Zinseszinseffekt bestmöglich für den Vermögensaufbau zu nutzen.


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