
Pluspunkte von Multitude: Scoring-Algorithmen, vollständig digitale Infrastruktur, hohe regulatorische Kompetenz (Foto: Freepik, poppet07)
Digitale Bankdienstleistungen sind längst etabliert und gewissermaßen das New Normal. Dennoch gelingt es nur wenigen FinTechs, sich dauerhaft profitabel am Markt zu behaupten. Die ursprünglich aus Finnland stammende und mittlerweile im schweizerischen Zug ansässige Multitude AG zählt zu den Ausnahmen.
Sie ist operativ wachstumsstark, finanziell zunehmend solide und verfolgt ein klares strategisches Ziel. Warum das gegenwärtig mit knapp 150 Millionen Euro bewertete Unternehmen bei Anlegern dennoch kaum Beachtung findet, lohnt einen genaueren Blick.
Vom Nischenanbieter zur breit aufgestellten Plattform
Multitude positioniert sich als digitales Ökosystem, das insbesondere Kundengruppen anspricht, die oft von klassischen Banken vernachlässigt werden. Das sind einerseits Kleinstunternehmen und Verbraucher mit schwacher Bonität, andererseits aber auch FinTechs ohne Zugang zu etablierten Refinanzierungsquellen.
Der Dreiklang des operativen Geschäfts besteht bei der Multitude AG aus den Business Units Consumer Banking (digitale Konsumentenkredite), SME Banking (Finanzierungslösungen für KMU) sowie Wholesale Banking (individuelle B2B-Dienstleistungen für institutionelle Kunden).
Damit besetzt Multitude einen Markt, der oft als zu kleinteilig oder zu riskant gilt. Genau in dieser Lücke liegt aber auch der Wettbewerbsvorteil. Durch eigens entwickelte Scoring-Algorithmen, eine vollständig digitale Infrastruktur und hohe regulatorische Kompetenz gelingt es dem Unternehmen, selbst unter komplexen Rahmenbedingungen kundenzentrierte Lösungen anzubieten.
Zinsen, Gewinn, Überschuss – Ergebnisse, die aufhorchen lassen
2024 war für die Multitude AG ein operativ starkes Jahr. So kletterten die Zinseinnahmen um 13,3 Prozent auf 261,1 Millionen Euro, das EBIT (Gewinn vor Zinsen und Steuern) um 48,5 Prozent auf 67,6 Millionen Euro. Der Jahresüberschuss lag bei 20,2 Millionen Euro und damit rund 23,1 Prozent höher als im Vorjahr.
Sämtliche Geschäftsbereiche trugen zum Wachstum bei. Die Consumer-Einheit bleibt mit 216,5 Millionen Euro Umsatz und 32,8 Millionen Euro Vorsteuergewinn klar die tragende Säule, doch auch die B2B-Segmente legten zu – etwa mit einem Anstieg von 112,8 Prozent im Wholesale-Kreditportfolio.
Technologisch treibt Multitude die Automatisierung weiter voran. Für mehr Effizienz und Skalierbarkeit sorgen eine cloud-native Infrastruktur, fortschrittliche KI-Anwendungen sowie eine intern entwickelte Wachstumsplattform. Erste Erfolge scheinen sich bereits abzuzeichnen. Der Anteil der operativen Kosten am Ertrag, gemessen an der Cost-Income-Ratio, sank 2024 immerhin von 47 auf 45 Prozent.
Kurs-Gewinn-Verhältnis – Luft nach oben bei der Bewertung?
Obwohl Multitude 2024 sämtliche Prognosen übertreffen konnte, spiegelt sich dies bislang kaum im Kurs wider. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt bei deutlich unter 10. Angesichts der Dynamik und Rentabilität erscheint dieses Bewertungsniveau niedrig. Auch der Verschuldungsgrad ist moderat, die Liquiditätslage robust. Unter anderem konnte das Unternehmen im zurückliegenden Jahr eine 50-Millionen-Euro-Anleihe 6 Monate vor der eigentlichen Fälligkeit refinanzieren und zugleich seine Einlagenbasis diversifizieren.
Im nächsten Jahr dann ist ein Umstieg der bisherigen EBIT- auf eine Net-Income-Prognose geplant. Zusammen mit der Kommunikation der mittelfristigen Profitziele (23 Millionen Euro in 2025, 30 Millionen Euro in 2026) deutet das auf eine zunehmende Kapitalmarktorientierung hin. Langfristinvestoren dürften das als positiven Impuls verstehen.
Zwischen Fokus und strukturellen Hürden
Naturgemäß birgt die strategische Ausrichtung auf unterversorgte Kundengruppen höhere Risiken. Bonitätsschwache Verbraucher oder kleinteilige Unternehmensfinanzierungen können in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten problematisch werden. Multitude begegnet dem zwar mit datenbasiertem Risikomanagement, konnte 2024 die Kreditausfallquote konzernweit dennoch nur von 14 Prozent auf 12,6 Prozent senken.
Mit der operativen Komplexität gesellt sich ein zweiter Unsicherheitsfaktor dazu. Die Integration ehemals eigenständiger Bereiche (Stichwort SweepBank) sowie der Ausbau des Wholesale-Geschäfts erfordern ein hohes Maß an interner Abstimmung, Prozessklarheit und technologischem Feinschliff. Auf Dauer wird sich zeigen, ob sich die neue Konzernstruktur mit der Multitude Bank als zentralem Vehikel als vorteilhaft erweist.

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Eigentümerstruktur als Vertrauenssignal
Bemerkenswert ist die hohe interne Beteiligung. 2024 erwarben Mitglieder der Geschäftsleitung über 737.000 Aktien und erhöhten ihren Anteil damit auf 5,25 Prozent. Zudem wurden 2 Rückkaufprogramme umgesetzt und ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm implementiert, bei dem mehr als 500 Beschäftigte kostenlos Aktien erhielten. Dahinter könnte eine deutliche Botschaft stehen: Das Management glaubt an die eigene Wachstumsstory und beteiligt die Angestellten daran.
FinTech-Titel mit Perspektive, aber auch Makeln
Multitude hat in den letzten Jahren einen beeindruckenden Wandel vollzogen. Vom Nischenanbieter digitaler Kleinkredite avancierte man binnen kurzer Zeit zum diversifizierten Finanzdienstleister mit Plattformanspruch. Dass die strategische Ausrichtung auf von anderen Akteuren im Bankensektor kaum beachtete Kunden einen Nerv trifft, unterstreichen die Finanzkennzahlen eindrücklich.
Gleichwohl bleibt das Unternehmen ein Investment mit Ecken und Kanten. Gerade die hohen Bonitätsrisiken der Zielgruppe, regulatorische Herausforderungen und das noch ausbaufähige Marktprofil erfordern ein genaues Hinsehen. Bei der Multitude AG dürften vor allem solche Investoren fündig werden, die zugunsten eines aussichtsreichen FinTechs bereit sind, temporäre Verluste in Kauf zu nehmen.
Disclaimer:
Keine Anlageberatung. Kein Aufruf zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
Über den Autor
Die Börse und vor allem Aktien begeistern Tim bereits seit seinem 14. Lebensjahr. Schon in der Schulzeit begann er, für unterschiedliche Publikationen über die Welt der Investments zu schreiben und führt dies nun auch parallel zu seinem betriebswirtschaftlichen Studium weiter. Sein besonderes Faible gilt Titeln aus der zweiten Reihe, die aber dennoch durch Qualität zu überzeugen wissen und für ihre Anleger dadurch ansehnliche Renditen erwirtschaften.


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