
Beispiel Infrastruktur: milliardenschwere Investitionsoffensive (Foto: Freepik, 97kasunifernando)
Europa steht vor einer Zeitenwende. Historische Konjunkturpakete und geopolitische Beben treiben den Kontinent in eine neue Ära – und eröffnen Anlegern strategische Chancen. Während die Politik vor kurzem noch um Haushaltsdisziplin rang, setzen die Finanzmärkte längst auf das große Investitionsprogramm. 3 ETFs versprechen Zugang zu den Profiteuren der milliardenschweren Rüstungs-, Bau- und Infrastruktur-Offensive.
Die neue Realität: Europa ohne US-Rückendeckung
Lange galt die Schuldenbremse als heilige Kuh der deutschen Finanzpolitik. Doch mit der dramatischen Lage in der Ukraine und einer Ernüchterung über die schwindende Verlässlichkeit der USA als Schutzmacht ist alles anders. Ein symbolträchtiger Moment war die demütigende Behandlung des ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus – da wurde auch dem letzten Optimisten klar: Europa muss künftig für seine Sicherheit selbst einstehen.
Aufrüstung: „Whatever it takes“
Die Defizite bei Verteidigung und Infrastruktur sollen nun so schnell wie möglich beseitigt werden. Der designierte Bundeskanzler und sein möglicher Koalitionspartner haben einen Finanzpakt geschmiedet, der alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Für die Infrastruktur ist ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro vorgesehen. Bei der Verteidigung sind die Ausgaben nach oben offen. Deutschland werde tun, was notwendig sei, sagte CDU-Chef Friedrich Merz.
Die Ankündigung hat die Finanzmärkte bereits in Bewegung versetzt. Vor allem der Rentenmarkt steht Kopf: Die Aussicht auf gigantische Kreditaufnahmen hat die Renditen deutscher Bundesanleihen in die Höhe getrieben – von 2,5 auf 2,8 Prozent binnen weniger Tage. Für Anleger eine klare Botschaft: Während Anleihen unter Druck geraten, zeichnet sich am Aktienmarkt ein Konjunkturboom ab.
Der Rüstungszyklus: Jahrzehnt des Aufschwungs
Für die US-Bank JPMorgan ist der Aufrüstungszyklus in Europa angesichts der jüngsten Ereignisse Realität geworden. Die vergangenen 2 Wochen hätten seine vor einem Jahr aufgestellte These untermauert, dass ein solcher Zyklus kommen und mindestens ein Jahrzehnt andauern werde, schrieb JP-Morgan-Analyst David Perry in einer Studie zu europäischen Rüstungsaktien. Daraufhin hob er seine Kursziele für die von ihm beobachteten Branchenwerte bis Dezember 2026 um durchschnittlich 25 Prozent an. ETFs auf Rüstung, Bau und Infrastruktur bieten hier eine präzise Spielwiese.
3 ETFs für die Zeitenwende
Wer von dieser Entwicklung profitieren will, findet in speziellen ETFs die passenden Vehikel. Diese bündeln die wichtigsten Player aus Rüstung, Bau und Infrastruktur – und bieten somit gezieltes Exposure zu den Gewinnern der Investitionsoffensive.
- Rüstungs-ETF von Wisdomtree: Er bündelt die Schwergewichte der europäischen Rüstungsindustrie, die dank der milliardenschweren Verteidigungsprogramme vor einem Jahrzehnt des Wachstums stehen.
- Infrastruktur ETF von Global X: Der ETF investiert in Unternehmen, die von einer möglichen Zunahme der Infrastrukturaktivitäten in Europa profitieren dürften. Dazu gehören Unternehmen, die in den Bereichen traditionelle Infrastruktur, Infrastrukturnetze, saubere Energieinfrastruktur und digitale Infrastruktur tätig sind.
- Bau-ETF von Invesco: Hier sind Unternehmen vertreten, die von den gigantischen Infrastrukturmaßnahmen profitieren. Die Modernisierung von Straßen, Schienen und Energienetzen wird Milliarden verschlingen und Baufirmen reichlich Aufträge bescheren.
Fazit: Chancen nutzen – aber Risiken im Blick behalten
Die europäischen Konjunkturprogramme markieren eine historische Wende. Doch Vorsicht: Steigende Anleiherenditen und ein aufwertender Euro könnten die Aktienrally dämpfen. Zudem sind viele Erwartungen bereits eingepreist – Rheinmetall etwa notiert am 52-Wochen-Hoch. Strategisch sinnvoll ist eine Kombination aus Rüstungs- und Infrastruktur-ETFs, um von Synergien zu profitieren – etwa wenn Rüstungskonzerne wie Rheinmetall auch zivile Infrastrukturprojekte bedienen.
Langfristige Anleger (5 Jahre und mehr) können Bauverzögerungen und politische Zyklen aussitzen, während kurzfristig orientierte Trader die Volatilität durch Zinsentscheidungen der EZB nutzen sollten. Ein Blick auf die Fed lohnt sich: Sollten die US-Zinsen schneller fallen als erwartet, könnte der Euro-Dollar-Kurs die Exportgewinne europäischer Rüstungskonzerne schmälern.
Disclaimer:
Keine Anlageberatung. Kein Aufruf zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren.
Über den Autor

Sven wurde 1969 in Suhl/Thüringen geboren. Er beschäftigt sich bereits seit den 1990er-Jahren mit den Finanzthemen, Wirtschaft und Investmentfonds. Er investiert selbst seit vielen Jahren in aktiv gemanagte Fonds und profitiert von zahlreichen Kontakten in der Branche sowie regelmäßigen Gesprächen mit renommierten Portfoliomanagern. Sven ist hauptberuflich Fondsanalyst bei der GSR GmbH.


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