Alles spricht derzeit von einer drohenden Rezession, die Stimmung in der Wirtschaft ist schlecht. In der Branche von Start-ups und Digitalunternehmen, die oft als Vorboten gelten, gibt es täglich Nachrichten von Stellenabbau. Eine Nachricht einer Massenentlassung folgt auf die nächste. Unsere old economy wird vermutlich folgen. Wie sich Arbeitnehmende verhalten sollten, wenn ihr Arbeitsplatz gestrichen werden soll, wirft häufig Fragen auf. Es gibt jedoch einige Grundregeln, an die man sich unbedingt halten sollte.
Kündigung prüfen – warum lohnt es sich?
Die Erfahrung zeigt: In den meisten Fällen lohnt es sich für Arbeitnehmer, gegen eine Entlassung vorzugehen. Gerade an die betriebsbedingte Kündigung stellt das Gesetz hohe Anforderungen. Unterlaufen dem Arbeitgebenden Fehler, können Arbeitnehmer im besten Fall ihre Stelle retten. Die meisten Betroffenen ziehen allerdings eine Abfindung vor und verlassen im Gegenzug das Unternehmen.
Jedoch: Die Abfindung ist meist kein Automatismus. Betroffene müssen in aller Regel um die Zahlung verhandeln. Selbst wenn ein Sozialplan eine Abfindung vorsieht oder der Arbeitgeber sie von sich aus anbietet, sind Verhandlungen um einen höheren Betrag oft sinnvoll. Die Chancen stehen umso besser, je leichter die Kündigung angreifbar ist. Im schlimmsten Fall würde der Arbeitgeber nämlich vom Arbeitsgericht verpflichtet werden, den ehemaligen Mitarbeiter wieder einzustellen – ein Risiko, das Unternehmen scheuen. Entsprechend hohe Beträge lassen sich so möglicherweise erzielen.
Kaum ein Stellenabbau ist frei von Fehlern
Fallstricke gibt es viele. Tückisch für den Arbeitgeber ist die sogenannte Sozialauswahl. Danach muss er seine Belegschaft anhand sozialer Kriterien einstufen. Zu entlassen sind vorrangig diejenigen, die den Jobverlust am ehesten verkraften können. Insbesondere langjährige Mitarbeiter, Väter und Mütter sowie schwerbehinderte Arbeitnehmer profitieren davon. Einzelne Abweichungen sind zwar möglich. Dennoch führt die Sozialauswahl immer wieder zu Fehlern, die Betroffenen eine attraktive Abfindung bescheren.
Zahlreiche weitere Anforderungen kommen hinzu. Sind etwa vergleichbare Stellen im Unternehmen frei, muss der Arbeitgeber zuerst eine Versetzung anbieten. Dabei hat er grundsätzlich auch weniger qualifizierte Stellen in Betracht zu ziehen. Werden zahlreiche Stellen gleichzeitig abgebaut, muss der Arbeitgeber die Arbeitsagentur frühzeitig informieren. Fehleranfällig ist außerdem die Beteiligung des Betriebsrats.
Rechtliche Auseinandersetzung
Wer eine Kündigung erhält, sollte möglichst zügig handeln und entscheiden, ob er Rechtsberatung benötigt. Die Zeit ist knapp, weil Betroffenen nach Zugang des Schreibens nur drei Wochen Zeit bleiben, um eine Kündigungsschutzklage zu erheben. Anschließend ist die Entlassung kaum noch aus der Welt zu schaffen, egal, ob sie fehlerhaft ist.
Es ist ratsam, sich gegenüber dem Arbeitgeber gelassen zu verhalten. Der Arbeitgeber darf nicht den Eindruck gewinnen, dass sich der Entlassene mit einer Abfindung besänftigen lassen wird. Er muss vielmehr von einem fest entschlossenen Arbeitnehmer ausgehen, der um jeden Preis auf seine Stelle zurückkehren möchte. Dies wird das Unternehmen zu einer höheren Abfindung veranlassen. Voraussetzung dafür ist, dass man seine Rechte vollumfänglich kennt.
Nicht vergessen: Wenn man von einer Kündigung betroffen ist, sollte man sich möglichst bald bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend und arbeitslos melden.
Perspektivwechsel – Wie gehen Arbeitgebende bei Kündigungen vor?
Wie schon erwähnt, lauern auch für Arbeitgebende zahlreiche Fallstricke, wenn sie Stellen abbauen. Daher ist es wichtig, die Perspektive beider Seiten zu kennen. Unternehmen müssen in den meisten Fällen damit rechnen, dass Betroffene eine Kündigungsschutzklage erheben werden. Je besser die Kündigung vor Gericht begründet werden kann, desto günstiger wird die Trennung. Daher ist eine gute Vorbereitung unerlässlich.
Apropos Begründung: Arbeitgeber sollten das Kündigungsschreiben so kurz und bündig wie möglich schreiben. Je mehr man sich schriftlich zu dem Grund einer Kündigung äußert, desto angreifbarer macht man sich und beschneidet sich gegebenenfalls später vor Gericht. Im Prinzip muss man als Arbeitgebender nichts zum Grund der Kündigung schreiben. Dies ist erst – dann aber mit Bedacht – gegenüber dem Betriebsrat, wenn vorhanden, nötig. Das Gremium ist vor jeder Entlassung anzuhören und umfassend über die Kündigung zu informieren.
Hohe Anforderungen an wirksame Kündigung
Das Kündigungsschreiben muss persönlich unterzeichnet sein. Unterschreibt nicht der Geschäftsführer oder Personalleiter, sollte zugleich eine Vollmachtsurkunde vorgelegt werden. In formaler Hinsicht ist außerdem die Kündigungsfrist zu wahren, die sich aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag und erst nachrangig aus Paragraf 622 BGB ergibt.
Die Anforderungen an eine wirksame Kündigung sind hoch. Deshalb stellt sich die Frage: Muss es unbedingt die Kündigung sein? Sinnvoller ist häufig ein Aufhebungsvertrag. So bleibt dem Unternehmen ein Kündigungsschutzprozess erspart. Zwingende Voraussetzung ist natürlich, dass der Arbeitnehmer zustimmt. Das gelingt am ehesten mit einem Abfindungsangebot.
Kann man Kündigungswellen voraussehen?
Die Meinungen der Ökonomen gehen auseinander. Grundsätzlich sind große Entlassungswellen über alle Arbeitgebende hinweg wenig wahrscheinlich. In den Wirtschaftskrisen, die wir bisher erlebt haben, waren erfreulicherweise nicht alle Branchen gleichermaßen betroffen. Und nach wie vor herrscht in Deutschland ein erheblicher Fachkräfte-, wenn nicht sogar insgesamt Arbeitskräftemangel. Viele Betroffene einer Kündigung können optimistisch sein und werden hoffentlich schnell eine neue Stelle finden – im besten Fall mit einer attraktiven Abfindung auf dem Konto.
Über den Autor
Alicia von Rosenberg ist Rechtsanwältin mit eigener Kanzlei in Berlin. Ihr Schwerpunkt liegt im Bereich Arbeitsrecht und insbesondere bei Kündigungsschutzklagen. (Foto: Alicia von Rosenberg)
Weitere Informationen: https://www.kuendigung.berlin
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