Wiesbaden – Bleibt die Inflation in Deutschland niedrig, beeinflusst das den Preistrend im Euroraum. Wer auf bald sinkende Leitzinsen hofft, wurde heute nicht enttäuscht. Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamts stagniert der Preisauftrieb im April bei 2,2 Prozent verglichen mit dem Vorjahresmonat.
Ökonomen hatten hingegen einen leichten Anstieg auf 2,3 Prozent erwartet. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel ging nach Angaben der Statistiker deutlich zurück, um 0,3 auf 3 Prozent im Jahresvergleich. Die Kerninflation spiegelt präziser den Preistrend an der wirtschaftlichen Basis.
Lange waren Energie und Essen die heftigsten Kostentreiber – das hat sich geändert. Die Preise für Energie fielen im April um 1,2 Prozent, bei den Lebensmitteln stiegen sie leicht um 0,5 Prozent. Die starke Dienstleistungsinflation ging etwas zurück, von 3,7 auf 3,4 Prozent im Jahresvergleich.
Im Inflationsvergleich vorn – Unternehmen drehen an der Preisschraube
Insgesamt liegt Deutschland viel besser im Inflationsrennen als etwa die USA – dort schafft es die Rate seit Mitte 2023 nicht unter 3 Prozent. Auch im Euroraum (2,4 Prozent Jahresrate im März) steht die Bundesrepublik gut da. Am Dienstag kommen aktuelle Zahlen für April. Kehrseite der Medaille: Beim Wachstum nimmt Deutschland international einen hinteren Platz ein.
Für einen rückläufigen Inflationstrend sprach zuletzt auch die Preispolitik der Unternehmen: Laut Umfrage des Münchener ifo Instituts sank im März die Zahl der Anbieter, die ihre Kunden künftig stärker zur Kasse bitten wollen, der Index ging von 15 auf 14,3 Punkte zurück.
Allerdings: Die aktuellen Daten für April revidieren den Rückgang wieder, der Index ist auf 15,1 Punkte gestiegen. Im Vergleich zu 2021 und 2022 sind die Werte allerdings moderat.
Inflationsprognose 2024 gesenkt – B2B-Teuerung rückläufig
Vergangene Woche hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck die Inflationsprognose für 2024 gesenkt: Um 2,4 Prozent sollen demnach die Preise im Gesamtjahr steigen, die vorherige Schätzung lag bei 2,8 Prozent. Zugleich sieht das Ministerium die Wachstumsaussichten 2024 minimal freundlicher, rechnet mit 0,3 Prozent Zuwachs.
Rückenwind für die Verbraucherpreis-Inflation kommt vom B2B-Geschäft: Auch im März sind die Großhandelspreise zurückgegangen – minus 3 Prozent im Jahresvergleich. Die Erzeugerpreise gaben um 2,9 Prozent nach, und die Importpreise sanken ebenfalls: minus 4,9 Prozent im Februar.
Hohe Dienstleistungsinflation – Prognose zum EZB-Entscheid
Aber es gibt nach wie vor Gegenanzeigen: Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer verweist etwa auf die weiter hohe Dienstleistungsteuerung. Und der Dienstleistungssektor nimmt Fahrt auf, die Erwartungen der Einkaufsmanager (HCOB-Umfrage) stiegen unerwartet stark auf 53,3 Punkte.
„Wir sind nicht völlig davon überzeugt, dass die Inflation tatsächlich rechtzeitig und nachhaltig zum Ziel zurückkehren wird“, sagte Bundesbank-Chef Joachim Nagel am Mittwoch. In einer aktuellen Reuters-Umfrage rechnen aber 91 von 97 befragten Ökonomen mit einer EZB-Zinssenkung im Juni.
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Alles schaut auf die Inflationszahlen – aber welche Wirtschaftsdaten hat die Woche noch zu bieten? Prägnante Infos dazu gibt Netfonds-Chefvolkswirt Folker Hellmeyer im wöchentlichen Video „Der Hellmeyer der Woche“. Hier den ftd.de-Newsletter Weekly News abonnieren und up to date sein.
Aktualisiert nach Bekanntgabe der Inflationszahlen am 29. April 2024 um 14.20 Uhr (MESZ)
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