Kehl – Nach dem Abschluss eines Monatsabos bestätigt der Anbieter einen Jahresvertrag. Den Widerruf akzeptiert er nicht, da der Käufer auf das Widerrufsrecht verzichtet habe. Der Kunde fragt sich: Ist das rechtens? Nein, sagt das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVD), das solche Fälle kennt. Folgendes sollten Verbraucher laut EVD bei Verträgen mit Streaming Diensten beachten.
Widerrufsrecht bei online geschlossenen Verträgen
Im Bürgerlichen Gesetzbuch ist geregelt: Bei fast allen online geschlossenen Verträgen hat der Kunde ein Widerrufsrecht. Innerhalb von 14 Tagen kann er das Geschäft ohne Angabe von Gründen widerrufen. In Ausnahmefällen könne das Recht vorzeitig erlöschen, nach Einschätzung des EVD betrifft das aber nicht ein Streaming-Abo beispielsweise bei Sky, DAZN, Prime Video und anderen.
Digitaler Inhalt – oder digitale Dienstleistung?
Das ist seit 2022 die entscheidende Frage, wenn es um das Widerrufsrecht geht. Denn mit Umsetzung der Digitale-Inhalte-Richtlinie der EU sind 2 Formen digitaler Produkte zu unterscheiden: Dienstleistungen einerseits – Inhalte andererseits. Digitale Inhalte sind Dateien, etwa Musikstücke oder E-Books. Dagegen fallen Musik-Streaming-Dienste wie Spotify oder Video-Streaming-Anbieter wie Netflix unter digitale Dienstleistungen. Sie eröffnen Nutzern den Zugang zu digitalen Daten.
Vorzeitiges Ende der Widerrufsfrist bei digitalen Inhalten (Dateien)
Beim Kauf von digitalen Inhalten – also Dateien – kann das Widerrufsrecht auch vor der gesetzlichen 14-Tage-Frist enden. Voraussetzung für ein vorzeitiges Erlöschen des Rechts auf Widerruf ist, dass der Kunde die Datei nach Kauf heruntergeladen und sofort nutzen kann, so das EVD. Trifft das zu, wäre es grundsätzlich möglich, dass der Kunde im Bestellprozess auf das Widerrufsrecht verzichtet.
Vorzeitiges Ende der Widerrufsfrist bei digitalen Dienstleistungen?
Anders sieht es bei digitalen Dienstleistungen wie Streaming aus. Bei solchen Verträgen ist laut EVD ein vorzeitiges Ende der Widerspruchsfrist nur denkbar, sofern der Anbieter die Dienstleistung bereits komplett erbracht hat. Heißt konkret: Bei einem Monatsabo kann das Widerrufsrecht erst nach einem Monat erlöschen. Ist das Abo auf ein Jahr angelegt, bleibt solange das Recht bestehen.
Einige Dienste tun sich mit den neuen Regeln schwer
Während viele Plattformen bereits ihre AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) überarbeitet haben, tun sich andere Anbieter digitaler Dienstleistungen mit den neuen Regeln schwer. Laut EVD vertreten sie den Standpunkt, dass Streamingdienste das Bereitstellen eines digitalen Inhalts seien. Somit könne das Widerrufsrecht vorzeitig erlöschen. Dieses Argument berücksichtigt aber nicht die 2022 eingeführten Unterscheidung von digitalen Diensten und Inhalten, sagen die Verbraucherschützer.
Tipps zum Umgang mit Streaming-Diensten
Das EVD rät, die Nutzungsbedingungen genau zu lesen und Anbieter zu meiden, die das Widerrufsrecht einschränken. Wer einen Jahresvertrag bestätigt bekommt, obwohl er ein Monatsabo wollte, sollte sofort widerrufen. Informieren Sie den Dienst, dass Ihr Widerrufsrecht gemäß Paragraf 356 Absatz 4 BGB nicht erloschen ist. Weisen Sie auch auf den Unterschied von digitalen Inhalten und Dienstleistungen in Paragraf 327 Absatz 2 BGB hin. Bei Nutzung eines Zahlungsdienstleisters wie PayPal können Sie weitere Zahlungen an den Streaming-Dienst in ihrem Online-Account sperren.
Widerrufschreiben des EVD: www.evz.de/apps-publikationen/musterbriefe
Online-Formular des EVD für Fragen und Beschwerden: www.evz.de/fragen-beschwerden
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