Wir alle kennen die Situation. Wir betrachten unsere Investments und stellen uns die Frage: Halten, nachkaufen, verkaufen? Insbesondere wenn eine unserer Aktien eine besonders negative oder positive Performance hingelegt hat, überlegen wir aktiv zu werden.
Ist die Aktie deutlich im Minus, haben wir oft den Impuls nachzukaufen, um den Einstand zu drücken – mit der Hoffnung, dass sich das rentieren wird. Manchmal entsteht aber auch Panik und Angst, sodass man – meist unglücklich – zum Tiefstkurs verkauft.
Ist die Aktie wiederum deutlich „davongelaufen“ oder haben wir aufgrund unserer langfristigen Haltedauer eine bereits wunderbare Rendite erzielt, neigen wir dazu, einen Verkauf in Betracht zu ziehen, denn Gewinne zu realisieren fühlt sich für die meisten Anleger besonders gut an. Doch sind diese, rein auf Performance gerichteten Entscheidungen auch sinnvoll?
Der Verkauf von Aktien ist aus vielen Gründen schwierig. Wir sind fast immer gezwungen, Entscheidungen auf der Grundlage unvollständiger Informationen zu treffen. Niemand hat eine Kristallkugel, die die Zukunft perfekt vorhersagt, was dazu führen kann, dass wir uns wie gelähmt fühlen, wenn wir handeln wollen.
Noch schlimmer ist, dass unsere Emotionen oft unser Urteilsvermögen trüben und Gefühle von Panik und Druck auslösen. Unser Kampf- oder Fluchtinstinkt setzt ein, und es fällt uns schwer, zuzugeben, dass wir falsch lagen und einen Verlust hinnehmen mussten. Lähmung ist eine häufige Folge, und unsere Verlierer können schnell zu noch größeren Performance-Killern werden.
Hier nun einige Punkte, die dabei helfen sollen, weniger falsche Verkaufsentscheidungen zu tätigen.
Ein Ankerproblem: Der Aktienkurs
Verkaufe niemals aufgrund des Aktienkurses, sofern du kein Trader mit kurzfristigen Spekulationszielen bist. Als Investor hast du eine Investition zu einem Zeitpunkt getätigt, zu dem die Bewertung und das Unternehmen für dich solide war. Hat sich daran nichts geändert, gibt es keinen Grund zu verkaufen. Fällt der Kurs deutlich, kann ein Nachkauf in Betracht gezogen werden, wenn sich keine wesentlichen Parameter für eine langfristige Investition verschlechtert haben. Denke nicht in Quartalen, sondern über Jahre!
Dass es mittelfristig auch schlechtere Quartale geben kann oder wird ist kein Grund, die Position zu schließen. Dasselbe gilt auch für Investitionen, deren Kurse maßlos in die Höhe schnellen. Nur weil sich bei deiner Langfristanlage eine deutlich höhere Bewertung ergibt, musst du nicht verkaufen. Der Wiedereinstieg ist meist eine besondere Herausforderung. Nimm als Investor Auf- und Abschwünge hin, denn es ist eine reine Glückssache und ein Lottospiel, die künftigen Kursbewegungen vorherzusagen.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die meisten Menschen bei fallenden Kursen auch ungern wieder investieren. Meist liegt dann eine negative Nachrichtenlage über diesem Investment, welche auch bei dir Zweifel hervorrufen könnte. Kaufst du also wirklich eine zuvor hoch gestiegene Aktie zurück, wenn sie im freien Fall ist und die Mehrheit den Untergang des Unternehmens beschwört? Der Aktienkurs sollte niemals Grundlage für den Verkauf sein.
Ein Stimmungsmacher: Medien
Schlagzeilen in Medien sind häufig für Kursbewegungen verantwortlich. Medien greifen häufig Themen auf, welche für das Investment langfristig absolut unbedeutend sind. Es wird jedoch so dargestellt, als würde das Investment langfristig scheitern. Das jüngste Beispiel ist Alphabet mit ihrer Tochter Google. Künstliche Intelligenz war und ist das Schlagwort der heutigen Medienlandschaft. Künstliche Intelligenz und ChatGPT werden Google zerstören, so hieß es zumindest. Angst der Anleger wird erzeugt. Doch langfristig haben solche Nachrichten nur selten tatsächlich Auswirkung auf das Geschäft.
Aktuell ist alles beim Unternehmen in Takt, es gibt keine Umsatzverluste aufgrund eines „Zukunftsthemas“, und wir kennen nicht die möglichen Maßnahmen die seitens Google gesetzt werden können. Nur wenige Monate nach einem starken Einbruch der Aktie notiert sie wieder deutlich freundlicher, weil sich die Stimmung in den Medien zu Google aufgehellt hat. Wir überschätzen immer die Veränderungen, die in den nächsten 2 bis 24 Monaten eintreten werden, und unterschätzen die Veränderungen, die in den nächsten 10 Jahren eintreten werden. Im Zweifel ist es immer besser, einfach Nichts zu tun und Nachrichten zu ignorieren!
Ein zweischneidiges Schwert: Betrugsvorwürfe
Ein besonders heikles Thema sind Betrugsvorwürfe. Insbesondere der Wirecard-Skandal hat bei vielen Investoren deutliche Spuren im Gedächtnis hinterlassen. Shortseller-Berichte sind jedoch, insbesondere am amerikanischen Markt, keine Seltenheit. Betrugsvorwürfe sollten immer genau hinterfragt werden. Bei einem breit aufgestellten Portfolio sollte man dennoch nicht voreilig agieren. Ist die Schlagzeile einmal da, ist der Kurs ohnehin am Fallen. Zeit nehmen, nachlesen und nachrecherchieren und ein paar Tage Zeit investieren. Im Zweifel lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.
Ein echter Grund: Langfristige Veränderungen
Erst wenn sich langfristig die fundamentale Lage verändert, zum Beispiel seit Quartalen die Umsätze, Gewinne und/oder Margen rückläufig sind oder das Management nicht mehr vertrauenswürdig erscheint, ist es Zeit, sich von einem Investment zu trennen. Es gibt genug Investments, welche sich über Quartale und Jahre hervorragend entwickeln.
Weitere Gründe für einen (Teil-) Verkauf können Geldbedarf für ein anderes attraktives Investment oder die Reduktion eines Konzentrationsrisikos sein. Wobei bei letzterem bedacht werden soll, dass auch Altmeister Buffett eine hohe Konzentration in Einzelwerte zulässt. Starke Unternehmen wachsen häufig nicht umsonst in unheimlich große Positionen hinein.
Fakt ist: je mehr man handelt und verkauft, umso mehr verliert man langfristig. Wer zum Kaufzeitpunkt analysiert hat und nicht deutlich zu viel bezahlt hat, wird mit dem Nichtstun eine gute Rendite erzielen.
Anlagestrategien
In unseren weiteren Artikeln bieten wir Ihnen detaillierte Einblicke in verschiedene Anlagestrategien, um Ihnen bei der Optimierung Ihrer Investitionen zu helfen. Erfahren Sie mehr über Value-Investing, Dividendenstrategien, Growth-Investing, Indexfonds, technische Analyse und mehr. Jede dieser Strategien hat ihre eigenen Vor- und Nachteile, und es ist wichtig, diejenige auszuwählen, die am besten zu Ihren Anlagezielen und Ihrem Risikoprofil passt. Lesen Sie unsere anderen Artikel, um Ihr Wissen zu erweitern und Ihre Anlagestrategie weiter zu verfeinern. Jetzt lesen!
Alle aus diesem Beitrag angegebenen Informationen stellen keine Anlageberatung oder Kaufempfehlung dar! Es handelt sich hierbei um die veröffentlichte Meinung unserer Redaktion.
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