Maskendeals: Andrea Tandler und der Vorwurf der Steuerhinterziehung

München – Eine große Empörungswelle schwappte durch das Land, als bekannt wurde, dass Andrea Tandler, Tochter des ehemaligen CSU-Politikers Gerold Tandler, mit Maskengeschäften in der Coronazeit mehrere Millionen Euro – aus Steuermitteln – verdient haben soll. Auch Abgeordnete von der CSU, wie Georg Nüßlein oder Alfred Sauter, sollen von solchen Geschäften profitiert haben. Infrage stand, ob beim Einfädeln der Geschäfte durch Abgeordnete unlauter Geld verdient wurde.  Staatsanwaltschaften untersuchten die Vorgänge.

Da die anwendbaren Gesetze aber als nicht besonders weitreichend gelten, hatte die Staatsanwaltschaft schnell nichts mehr in der Hand, um diesen Vorwurf zu erhärten. Der Bundesgerichtshof wies die Vorwürfe der Bestechlichkeit gegen die Abgeordneten letztlich ab. Anders kam es aber für Andrea Tandler. Sie sitzt derzeit in Untersuchungshaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

Welcher Vorwurf bei Andrea Tandler im Raum stehen könnte

Man kann sicher davon ausgehen, dass bei Geschäften, die in großem Ausmaße Gegenstand der öffentlichen Wahrnehmung sind und mit der öffentlichen Hand abgeschlossen werden, wohl eher kein schlichter Versuch unternommen werden würde, Einnahmen in der Steuererklärung nicht anzugeben. Vielmehr dürfte in diesem Fall im Raum stehen, dass wegen der hohen Einnahmen der Versuch der legalen Steueroptimierung schiefgegangen ist.

Bekannt ist aus Presseberichten, dass die Versteuerung der Provisionen in einer Firma mit Sitz in Grünwald bei München durchgeführt wurde, einer Gemeinde mit einer im Vergleich zu Deutschland äußerst niedrigen Gewerbesteuerbelastung. Diese Firma „Little Penguin GmbH“ wurde jedoch erst am 6. April 2020 durch Übernahme einer sogenannten Vorratsgesellschaft ins Leben gerufen. Vorratsgesellschaften werden von speziellen Firmen für den Fall angeboten, dass eine Neugründung einer GmbH schnell durchgeführt werden soll, da ansonsten mit Notartermin und Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister sehr viel Zeit vergehen kann, bis die Gesellschaft haftungsbeschränkt handlungsfähig wäre.

Deutliches Steuergefälle zwischen München und Grünwald

Presseberichten zufolge fanden aber bereits zeitlich vor der Gründung oder Übernahme der Little Penguin GmbH Maskengeschäfte mit Ministerien statt. Diese sollen einer anderen Firma Tandlers mit Sitz in München oder möglicherweise sogar Andrea Tandler als Person direkt zuordenbar sein. Während die reine Gewerbesteuerbelastung von Gewinnen in München stolze 17,15 Prozent beträgt, ist diese Belastung in der Gemeinde Grünwald mit nur 8,4 Prozent deutlich niedriger. Geht man von einer kolportierten Provisionssumme von 48,4 Millionen Euro aus und zieht davon einfach geschätzte betrieblichen Aufwendungen über 400.000 Euro ab, wären das rechnerisch alleine 4,2 Millionen zu wenig an Gewerbesteuer.

Wovon es abhängt, bei wem Einnahmen zu versteuern sind

Im Wirtschaftsleben ist es wie im privaten Bereich immer erforderlich, eindeutig offenzulegen, wer ein Rechtsgeschäft tätigen möchte. Nur dann herrscht Klarheit, wem man eine Leistung schuldet und von wem man Geld verlangen kann. Wer dieses nicht im vornhinein klar macht, läuft Gefahr, dass ein Rechtsgeschäft mit sich selbst abgeschlossen wird, auch wenn man es nur im Namen eines anderen schließen wollte. In Paragraf 164 Absatz 2 BGB ist das juristisch wie folgt formuliert: Tritt der Wille, in fremdem Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht. Nichtjuristisch formuliert: Wenn man nicht deutlich zu erkennen gibt, dass man im Namen eines anderen handelt, gilt das Geschäft mit demjenigen geschlossen, der es angebahnt hat.

Wenn Andrea Tandler also im Zeitpunkt der Maskengeschäfte nicht dargelegt hat oder darlegen konnte, für die Firma Little Penguin GmbH zu handeln, wurde das Geschäft auch nicht mit der Firma Little Penguin GmbH geschlossen. Wenn die Gewinne dann aber dennoch dort steuerlich erklärt wurden, wäre zumindest der Versuch, damit eine steuerliche Entlastung zu erzielen, möglich. Und im deutschen Steuerrecht ist bereits der Versuch, Steuern zu hinterziehen, strafbar.