Der Machtkampf zwischen den USA und China verschärft sich. Mal öffentlichkeitswirksam, indem Spionageballons abgeschossen werden, mal weniger auffällig, indem chinesische Direktinvestitionen in den USA sukzessive verboten werden. Es ist eine Frage der Zeit, bis sich die deutsche Politik mit der Forderung beschäftigen muss, den Handel mit China weiter einzuschränken. Dies wurde in der politischen Diskussion zuletzt mit dem Demokratisierungsgrad Chinas verknüpft.
Diesen Punkt möchte ich aufnehmen und veranschaulichen, was es bedeutet, wenn Deutschland seinen Außenhandel vom Demokratisierungsgrad der Handelspartner abhängig machen würde. Dazu bewerten wir im ersten Schritt unsere Handelspartner an Hand der Demokratiequalität, wie sie zum Beispiel durch die Universität Würzburg gemessen wird. Einen Link zur Auflistung finden Sie hier: www.demokratiematrix.de/ranking
Beurteilt werden die Länder in einem Index-Ranking zwischen 0 (vollkommen unfreier Staat) und 1 (sehr gut ausgeprägte Demokratie) an Hand verschiedener Merkmalsausprägungen, zusätzlich werden die Staatsformen unterteilt in die folgenden fünf Kategorien:
- Funktionierende Demokratie
- Defizitäre Demokratie
- Hybrides Regime
- Moderate Autokratie
- Harte Autokratie
Dabei kann durch die Merkmalsausprägungen, die zur Benotung der Länder führen, im Einzelfall ein autokratischeres System besser abschneiden als ein etwas demokratischeres System, da es den Menschen mehr Teilhabe, Freiheit und Rechtssicherheit bieten kann als ein formell demokratischeres System. Im nächsten Schritt schauen wir, wer unsere größten Handelspartner sind und führen diese gemessen am gesamten Außenhandel mit den Daten zum Demokratieindex zusammen.

Quelle: Destasis, www.demokratiematrix.de, eigene Darstellung
Einzige harte Autokratie unter größten Handelspartnern
Wir stellen fest, dass unsere größten Handelspartner in der Regel funktionierende Demokratien oder defizitäre Demokratien (Polen) sind, mit der Ausnahme von China, als harte Autokratie. Welche Auswirkungen hätte es jetzt, Handelspartner regelbasiert auszuschließen?
Würde man den Handel nur mit harten Autokratien einstellen, würden dies unter den größten Handelspartnern nur China mit 9,72 Prozent des deutschen Außenhandels betreffen, insgesamt macht der Handel mit harten Autokratien rund 10,82 Prozent des Außenhandels aus. Hieran gemessen müsste Deutschland bei Chinasanktionen die 6-fache Wirkung der Russlandsanktionen ertragen und Direktinvestitionen der deutschen Wirtschaft in Milliardenhöhe abschreiben.
Verzicht auf Warenaustausch verschärft Energielage
Würde regelbasiert vorgegangen werden, wären zum Beispiel Ölkäufe aus Katar, Saudi-Arabien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten nicht möglich, da alle Länder als harte Autokratien eingestuft werden. Ebenso wäre die Unterzeichnung des Gasabkommen der EU durch von Ursula von der Leyen mit Ilham Aliyev, dem Präsidenten Aserbaidschans (Demokratie Index 0,136) regelbasiert hinfällig. Würden die Bedingungen weiter verschärft, käme es zum Verzicht der aufgelisteten Anteile am Außenhandel, die Sie in der untenstehenden Tabelle finden.

Quelle: Eigene Berechnung auf Basis von Destasis, www.demokratiematrix.de
Unter den 16 Prozent Außenhandel, die Deutschland mit Autokratien betreibt, befinden sich viele Warenlieferungen, die unverzichtbar für unsere Lieferketten sind. Insbesondere würde sich die Lage auf dem Energiemarkt weiter verschärfen. Langfristig wäre ein Aufbau von Produktionskapazitäten in Deutschland möglich.
Bezweifelt werden darf aber, ob die Güter wettbewerbsfähig und bezahlbar wären, da die Produktionsvorteile und Skaleneffekte der weltweiten Arbeitsteilung aufgegeben werden. Es endet mit der Frage, wie viel Wohlstand die Politik bereit ist zu opfern, wenn sie den Ruf nach Sanktionen gegen China Folge leisten sollte.
Über den Autor

Christian Buntrock ist Fondsmanager des Strategic World Asset Funds (DE000A3DHAX3) und Analyst bei der Netfonds AG. Der studierte Diplom-Kaufmann und -Volkswirt ist seit über 20 Jahren den Kapitalmärkten verbunden. Für seine Tätigkeit greift er sowohl auf fundamentale wie quantitative Analysemethoden zurück.
Disclaimer
Diese Kolumne beziehungsweise dieser Artikel ist eine unverbindliche Markteinschätzung des Autors, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar, noch kommt durch seine Ausgabe ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen dem Autor und dem jeweiligen Leser zustande. Die im Artikel wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen des Autors Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung des Verfassers des Artikels. Die im Artikel genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Artikel kann zudem naturgemäß die individuellen Anlage- möglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Leser nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Lesers zu würdigen ist. Soweit im Artikel Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Leser zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.